Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen

29.06.2015

Der BFH hat mit Urteil vom 14.5.2014 - VIII R 25/11 entschieden, dass eine Gewinn-realisierung bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nicht erst mit der Abnahme oder Stellung der Honorarschlussrechnung eintritt, sondern bereits dann, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung entstanden ist. Nachdem die Finanzverwaltung das Urteil Ende 2014 kommentarlos im Bundessteuerblatt veröffentlicht hat (BStBl. II 2014, S. 968), möchte sie die Urteilsgrundsätze durch das BMF-Schreiben vom 29.6.2015 (Az. IV C 6 - S 2130/15/10001) nun auch auf Abschlagszahlungen für Werkleistungen übertragen.

Bislang setzte der BFH in ständiger Rechtsprechung für die steuerwirksame Gewinnrealisierung bei Werkverträgen grundsätzlich die Abnahme durch den Auftraggeber voraus. Von diesem Erfordernis nahm der BFH allerdings für Planungsleistungen einer Ingenieurgesellschaft mit dem Urteil vom 14.5.2014 Abstand und bejahte eine Gewinnrealisierung bereits in dem Zeitpunkt, in dem durch die auftragsgemäße Erbringung der Planungsleistung der Anspruch auf eine Abschlagszahlung entstanden ist. Dies folge aus dem Realisationsprinzip, demzufolge Gewinne nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind und entspreche damit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, die für die steuerrechtliche Gewinnermittlung maßgeblich sind.

Die vom BFH vorgenommene Beurteilung weitet die Finanzverwaltung nun auf Abschlagszahlungen bei Werkverträgen aus. Bei diesen Abschlagszahlungen handelt es sich nach Ansicht des BMF um die Abrechnung von bereits verdienten Ansprüchen, da der Schuldner des Werkvertrags seine Leistung bereits erbracht habe; andernfalls bestände die Berechtigung zur Forderung dieser Abschlagszahlung nicht. Das BMF stellt zudem klar, dass Abschlagszahlungen von Forderungen auf einen Vorschuss abzugrenzen sind, bei denen auch weiterhin keine Gewinnrealisierung eintritt.

Die Finanzverwaltung möchte die neuen Grundsätze erstmals in dem Wirtschaftsjahr anwenden, das nach dem 23.12.2014 (Datum der Veröffentlichung des Urteils im BStBl.) beginnt. Betroffen sind demnach bei kalendergleichen Wirtschaftsjahren erstmals die Jahresabschlüsse zum 31.12.2015.

Zur Vermeidung von Härten sind Übergangsregelungen vorgesehen, wonach der Steuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze der BFH-Entscheidung resultierenden Gewinn gleichmäßig auf bis zu 3 Jahre verteilen kann.